Die Ergotherapie – abgeleitet vom griechischen „ergon“ (handeln, tätig sein) – geht davon aus, dass „tätig sein“ ein menschliches Grundbedürfnis ist und gezielt eingesetzte Tätigkeiten bzw. die Aufrechterhaltung der Handlungsfähigkeit gesundheitsfördernde und therapeutische Wirkung haben. Im Sinne einer ganzheitlichen Betrachtung und größtmöglicher Selbstbestimmtheit sollen im Zuge ergotherapeutischer Maßnahmen die Handlungsfähigkeit & Betätigungsperformanz im Alltag (betätigungsorientierter Ansatz), die gesellschaftliche Teilhabe / Partizipation und die subjektive Lebensqualität & -Zufriedenheit (klientenzentrierter Ansatz) gesteigert bzw. erhalten werden. In der Ergotherapie kommen unterschiedliche Maßnahmen, Methoden und Konzepte zum Einsatz, und es werden spezifische Betätigungen, Aktivitäten, Umweltanpassung & Beratung gezielt und ressourcenorientiert eingesetzt. Der Fokus des ergotherapeutischen Prozesses liegt auf der Durchführung von für den Klienten bedeutungsvollen Betätigungen in den Bereichen

  • Selbstversorgung (Betätigungen, um sich für den Tag fertig zu machen und diesen zu bewältigen: eigene körperliche Versorgung, Mobilität, Regelung persönlicher Angelegenheiten)
  • Produktivität (Betätigungen, die darauf abzielen, z.B. etwas für andere zu tun und /oder die eigenen Fähigkeiten zu entwickeln: Erledigung kleiner (handwerklicher) Arbeiten, Tätigkeiten aus dem Bereich der Haushaltsführung) &
  • Freizeit (umfasst Betätigungen, die jemand ausführt, wenn er frei von produktiven Verpflichtungen ist: ruhige Erholung, aktive Freizeit und Teilnahme am sozialen Leben)

Die ergotherapeutische Arbeit umfasst u. a. die Hilfsmittel-Beratung bzw. Beratung hinsichtlich gesundheitserhaltender und gesundheitsfördernder Maßnahmen, gezielte alltagsorientierte Aufgaben, spezifische Übungen, den Einsatz von Hilfsmitteln und relevanter Technologien sowie die Gestaltung bzw. Anpassung der Umgebung sowie die (Zusammen-)Arbeit mit Angehörigen. Ergotherapie findet sowohl im EINZELTHERAPIE- als auch GRUPPENTHERAPIE-SETTING statt. In der INTERDISZIPLINÄREN ZUSAMMENARBEIT mit Berufsgruppen wie Ärzten, Therapeuten, Pflegefachkräften, Psychologen, Pädagogen und Aktivierungstrainern ist der ergotherapeutische Beitrag fokussiert auf die BETÄTIGUNGSPERFORMANZ, welche die Gesundheit und das Wohlbefinden von Menschen beeinflusst.

ZIELGRUPPE / ERGOTHERAPEUTISCHE MASSNAHMEN

Ergotherapeutische Maßnahmen im WPH- Lienz sind grundsätzlich ausgerichtet auf die Aufrechterhaltung der bestmöglichen Teilhabe und Partizipation am sozialen Leben sowie die größtmögliche Selbständigkeit im Bereich Handlungsfähigkeit – immer mit Blick auf individuell bedeutsame Betätigungen und auf die persönliche Lebensqualität.

Im Zuge der gemeinsam eruierten Betätigungen und Aktivitäten liegt der Fokus darauf

  • verlorengegangene Fähigkeiten nach Möglichkeit wieder zu erlernen bzw. alternative Bewältigungsstrategien zu erarbeiten
  • vorhandene Fähigkeiten zu fördern und zu erhalten
  • sowie Kompensationsmöglichkeiten bei Funktionsverlust zu entwickeln (Bp.Einsatz von Hilfsmitteln)

Bewohner:innen des Wohn- und Pflegeheimes Lienz werden bereits kurz nach ihrem Heimeintritt durch eine Ergotherapeutin über das Angebot des Teams Soziale Betreuung aufgeklärt und dahingehend begleitet, gegebenenfalls für sie sinnvolle und angepasste Angebote auszuwählen (individuelle Anliegen und Wünsche werden berücksichtigt). Hinsichtlich der speziellen ergotherapeutischen Maßnahmen im Einzel- oder Gruppensetting kann entweder bereits bei diesem Unterstützungsgespräch in der Eingewöhnungsphase oder aber auch erst zu einem späteren Zeitpunkt gemeinsam eruiert werden, welche Einschränkungen und Beschwerden bzw. welche Interessen und konkreten Betätigungswünsche bestehen und wie diese aufgegriffen werden können.

Im Zuge der ergotherapeutischen Arbeit im Wohn- und Pflegeheim fließen Elemente verschiedener Konzepte wie beispielsweise die geführte Interaktion gemäß dem Affolter Modell, die sensorische Integration oder die Basale Stimulation ein. Hierbei ist anzumerken, dass sämtliche ergotherapeutische Angebote durch Mitarbeiter:innen des Teams Soziale Betreuung nach Absprache mit der jeweiligen leitenden Pflegekraft der Stationen (LPKs) eigenverantwortlich erfolgen und somit keiner ärztlichen Verordnung bedürfen. Im Falle des Bedarfs spezieller ärztlich verordneter ergotherapeutischer Maßnahmen wie etwa

  • manuelle Behandlungstechniken
  • Schienenversorgung im konservativen und postoperativen Bereich
  • Narbenbehandlung
  • Ödembehandlung

können über eine entsprechende Verordnung von Allgemein- oder Fachärzten externe Ergotherapeut:innen angefordert werden.

KONKRETE ERGOTHERAPEUTISCHE MASSNAHMEN 

…die eigenverantwortlich im Wohn- und Pflegeheim angeboten werden können sind:

  • „ATL“ – AKTIVITÄTEN DES TÄGLICHEN LEBENS / basale Alltagshandlungen
  • Wasch- und Anziehtraining / „persönliche Hygiene“
  • Geh-, Steh- und Mobilisationstraining / „Mobilität“
  • Esstraining / „Essen / Trinken“
  • „ATL“ – AKTIVITÄTEN DES TÄGLICHEN LEBENS / erweiterte Alltagshandlungen
  • Zubereitung von Mahlzeiten (z.B. Kochgruppe), Einkaufen gehen
  • „Haushaltsführung“
  • Spaziergang im Freien/im Gelände, Blumen od.Kräuter sammeln / „Freizeitbereich“
  • BETÄTIGUNGEN AUS DEM FREIZEITBEREICH / im Sinne von Durchführung bedeutsamer Betätigungen und Mittel zum Zweck für funktionsorientiertes Angebot
  • Handwerken / Handarbeiten
  • gestalterische Tätigkeiten, z.B. Malen, Filzen, Basteln mit Papier,…
  • Gartenarbeit
  • Spaziergänge, Ausflüge
  • spielerische Angebote
  • musische und rhythmische Angebote

 

SENSOMOTORISCH-PERZEPTIVE ANGEBOTE

  • wahrnehmungsfördernde Behandlungsmethoden
  • Stimulation der basalen sensomotorischen Fähigkeiten
  • Entspannungstechniken
  • Training der Hand- bzw. Feinmotorik
  • MOTORISCH-FUNKTIONELL AUSGERICHTETE ANGEBOTE
  • handlungsorientiertes Training individuell bedeutungsvoller Betätigungen
  • Förderung von Beweglichkeit, physiologischer Bewegungsmuster, Bewegungskoordination, Kraft,…im Alltagskontext
  • Förderung von Beweglichkeit, physiologischer Bewegungsmuster, Bewegungskoordination, Kraft,…im spielerisch-gestalterischen Kontext
  • STURZPRÄVENTION
  • Prävention, z.B. Schuhwerk überprüfen
  • Modifikation der Wahrnehmung
  • adäquate Hilfsmittelversorgung & Schulung im Umgang mit den Hilfsmitteln: z.B. Anpassen des Rollators, sicherer Umgang mit Rollator
  • Schaffung von „Awareness“ für die Problematik Sturz
  • Wohnraumanpassung
  • NEUROPSYCHOLOGISCH ORIENTIERTES TRAINING
  • Biografie-Arbeit
  • Hirnleistungstraining / kognitives Training integriert in Handlung / Betätigung oder in spielerisch-gestalterisches Angebot (Konzentration, Merkfähigkeit, Aufmerksamkeit, Orientierung, Gedächtnis, Handlungsplanung und Problemlösung)
  • Alltagsorientiertes Training (AOT)
  • Kommunikationstraining
  • PSYCHISCH - FUNKTIONELLE ANGEBOTE/ Behandlung krankheitsbedingter Störungen der psychosozialen und sozio-emotionalen Funktionen
  • Beratung und Training im Bereich der Tagesstrukturierung
  • Training der kommunikativen Fertigkeiten im klientenzentrierten Gespräch / im Gruppengeschehen
  • Steigerung der bewussten Wahrnehmung des eigenen Verhaltens und der Auswirkungen auf das Umfeld (Bezugspersonen und andere HB im Wohn- und Pflegeheim, Angehörige)
  • THERMISCHE ANWENDUNG (Paraffinwachs-Teilbäder)
  • HILFSMITTELBERATUNG UND –TRAINING
  • Bp. Griffverdickungen, spezielles Essbesteck,…
  • ANGEHÖRIGENBERATUNG

AUFGABEN DER ERGOTHERAPEUTINNEN IM WPH

  • Erhebung einer Anamnese bzw. ggf. Durchführen eines Assessments am BEGINN des ergotherapeutischen Behandlungsprozesses bzw. ergotherapeutischer Einzelinterventionen, um Betätigungsanliegen und Fokus der ergotherapeutischen Interventionen ableiten zu können (Ergotherapeutisches Assessmenttool „COPM“ )
  • bei HEIMEINTRITT: individuelle Begleitung und Unterstützung in der sensiblen Phase des Eintritts für neu aufgenommene Heimbewohner:innen
  • Planung, Gestaltung und Durchführung von Gruppenangeboten & bedarfsorientierten Einzelbetreuungen, angepasst an die jeweils einzigartige Biografie, sowie an die individuellen Ressourcen, Fähigkeiten und Fertigkeiten der Heimbewohner:innen
  • ggf. Planung und Durchführung bzw. Mitgestaltung von offenen Gruppenangeboten (keine vorgegebene Gruppenzusammenstellung)
  • beratende Tätigkeit (Hilfsmittelberatung; beratende Gespräche mit PP, Angehörigen,…)
  • Kommunikations- und Kontaktpflege zu Angehörigen
  • Informationsaustausch mit den Leitungskräften aus Pflege, Hauswirtschaft, Haustechnik und Verwaltung
  • Psychosoziale Betreuung der Heimbewohnerinnen (z.B. durch Förderung der Kontakte und Kommunikation der Bewohnerinnen, Tagesstrukturierung, Mitwirken bei Beschäftigungs-angeboten, Festen, Feiern, Ausflügen, usw.)
  • Anleitung von Student:innen, Schüler:innen und Praktikant:innen aus Gesundheits- und Sozialberufen im eigenen Arbeitsumfeld